Im Juni 2005 besuchte ich ein Römerfest auf dem Gelände des ehemaligen Carnuntum (Petronell) und lernte römische Sitten und Gebräuche näher kennen.

Schon bei der Hinfahrt nach Petronell  traf ich mit gar merkwürdigen Volk zusammen. Offensichtlich traten einige Besucher kostümiert ihre Zeitreise an.

So saß ich also in der S-Bahn nach Petronell mit einer Reihe von tobenden 'römischen' Kindern hinter mir und ein paar finster drein blickenden 'Germanen' vor mir.

Ein 'Römer' führte sogar eine große lange Schachtel mit sich, die er wie ein Liktorenbündel vor sich hertrug. Des Rätsels Lösung: Er hatte darin ein Schwert, was er in der S-Bahn wohl nicht tragen wollte.

Dann war das Ausgrabungsgelände erreicht, wo man mir für die Eintrittskarte  sechs Sesterzen (Euros) abknöpfte. Zur Eintrittskarte gab es einen Kupon (zum Wiedereintritt), einen Tagesplan und das Rezept von römischen Pfefferwürstel.

Auf dem Gelände ging es bereits hoch her. Es war den ganzen Tag über volles Programm, wobei aber die Programmpunkte unterschiedlichen Anklang fanden.

Als ich eintraf, trug gerade ein in einer feinen Toga gewandeter älterer Herr etwas auf lateinisch vor. Man könnte sagen, er rezitierte. Interessierte aber niemanden...

Ganz anders dann die Atmosphäre, während die Ringkämpfe einer ungarischen Schaukampfgruppe stattfanden. Diese trat mehrmals am Tag zum Turnier an.

Diese Turniere verliefen recht kurzweilig, da sich die einzelnen Paare schnell in Sieger und Verlierer aufteilten. Schon spannend, dass hier nicht immer der Kräftigste gewann, sondern oft der Schnellere oder Geschicktere.

Für die Kinder gab es natürlich auch viel Programm. So konnten sie mit dem Streitwagen Runden drehen oder Ausrüstungsgegenstände basteln.

Für mich persönlich war die Möglichkeit mit den verschiedenen Hobbyrömern zu sprechen sehr interessant. So unterhielt ich mich längere Zeit mit einem deutschen Arzt, der sich privat mit der Feldmedizin der Römer beschäftigte.

Er zeigte mir sehr viele chirurgische Instrumente der römischen Feldschere und erklärte mir ihre Verwendung. Recht erstaunlich was die Römer schon alles chirurgisch behandeln konnten.

Blöd nur, dass man anschließend an Blutvergiftung starb, wie mir der Arzt erklärte. Obwohl die Römer schon viel über die Notwendigkeit von Sauberkeit wussten, war ihnen das Wesen der Blutvergiftung noch fremd.

Zu Mittag begann ich mich nach was Essbarem umzusehen. Natürlich hätte ich dazu in das Cafe am Haupteingang gehen können.

Dort hatte ich schon mal den Zaubertrank des Miraculix getrunken, was sich aber als Spezi mit Zimt herausstellte. Diesmal wollte ich aber was wirklich 'Römisches' probieren.

Die lagernden Legionäre halfen mir da aus. Sie hatten römische Suppe zubereitet. Gegen einen kleinen Obolus überließen sie mir einen Teller davon. Es war eine wunderbar schmeckende  Haferbreisuppe mit Speckwürfel als Einlage.

Das Bier ein paar Stände weiter schmeckte dagegen wie lauwarme Cervisia, aber zu einem war ich durstig, zum anderen war das für mich auch so etwas wie experimentelle Archäologie.

Als Dessert probierte ich an einem anderen Stand ein spezielles Brot aus, das durch verschiedene mir nicht bekannte Gewürze angenehm duftete und noch besser mundete.

Dann wandte ich mich wieder dem Programm zu. Diesmal den Damen, die eine Römische Modeschau vor dem rekonstruierten Dianatempel veranstalteten.

Dabei wurde auch gezeigt, wie man dem Herrn eine Toga korrekt anlegt. Schon erstaunlich wie kompliziert das gelöst war. Jetzt war mir auch klar, warum man damals Ankleiderinnen benötigte.

Nach der Modenschau marschierte eine römische Legion auf, um vor dem Tempel eine Adlerweihe vorzunehmen. Natürlich war es keine ganze Legion, eher waren es zwei Contubernia (á 8 Mann).

Kurios waren dann die anschließenden Schießübungen. Zwei sehr gut rekonstruierte Torsionsgeschütze, darunter eine Römische Balliste, auch Skorpion genannt, standen bereit.

Die angetretene Gruppe hatte allerdings ein kleines Problem: es waren nur mehr zwei funktionsfähige Pfeilgeschosse vorhanden. So beschäftigte sich der eine Teil der Truppe mit dem Spannen und Schießen....

... während der andere Teil den Pfeil suchen ging, falls er das Ziel verfehlte und im hohen Gras landete. Langsam bekam ich eine Ahnung, warum das Römische Reich wirklich untergegangen war.

Recht informativ fand ich dann noch Vorführungen mit der Groma, einem römischen Messinstrument, mit denen zum Beispiel die Straßenverläufe in den Städten und Lagern festgelegt wurden.

Und sicher nicht nur für den Mathematiker faszinierend war die Darstellung von römischen Vermessern, wie sie mit einem Seil und Stangen die Breite eines Flusses bestimmten, ohne den Fluss zu überqueren.

Beim Exerzieren am Ende des Tage musste ich dann besonders über den Optio schmunzeln. Er war zwar nur der Stellvertreter des Zenturio, führte aber die Drillaufgaben durch.

So kam es, dass er laut und herrisch die Befehle schrie, während der Zenturio still daneben stand. Und schon war für alle Zuschauer klar, wer der Chef war. Der, der da brüllt natürlich...

Aber auch mein Chef, die Armbanduhr, rief mich auf, zum Ausgang zu gehen. Der letzte Zug zurück in meine Heimatstadt würde bald fahren. Und so marschierte ich in einer Karawane weiterer Hobbyrömer zurück zum Bahnhof von Petronell-Carnuntum....

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