Im September 2009 besuchte ich im MUMOK in Wien eine Fotoausstellung mit Werken von Thomas Demand. Zu sehen waren seine Serien 'Presidency' und 'Embassy'

Als ich von der Ausstellung zum ersten Mal in der Zeitung erfuhr, faszinierte mich vor allem der Gedanke, das berühmte Oval Office im Weißen Haus auf großformatigen Fotos sehen zu können.

Über die besondere Arbeitsmethode des Künstlers machte ich mir zunächst keine Gedanken. Umso überraschter war ich dann, als ich beim genaueren Betrachten der Fotos feststellte, dass es sich um Fotos von Papiermodellen handelte.

Es war alles Fake. Aber dieser Fake war so gekonnt umgesetzt, so clever konzipiert, dass ich jetzt große Bewunderung für die Idee des  Künstlers empfinde.

Thomas Demand hatte das Oval Office und die nigerianische Botschaft in Rom sehr gekonnt nach gebaut. Selbst die Faxmaschine und die Kaffeetassen aus Karton geformt.

Der blaue Teppich mit dem amerikanischen Adler war nicht kostbarer Stoff, sondern billiger Konfetti. Die simple wirkende Füllfeder war wirklich simple: Ein Papierröllchen.

Lediglich die völlige Abwesenheit von Inschriften auf den Akten in der Botschaft und die fehlenden Gesichter auf den gerahmten Fotos im Oval Office waren eine bewusste Abweichung von der Realität.

Angeblich zerstört der Künstler seine Modelle wieder, nachdem er sie fotografiert hatte. Anfangs dachte ich, dass ist ein besonders interessanter Prozess.

Nachdem ich ein Interview mit dem Künstler gelesen habe, überkommt mich aber der leise Verdacht, er wirft sie deshalb weg, um mehr Platz für Neues zu haben.

Aus einem beiliegenden Text erfuhr ich auch den Zusammenhang zwischen den gewählten Objekten. Was hat das Machtzentrum der USA mit der nigerianischen Botschaft in Rom zu tun?

Es war in jener Botschaft in Rom, wo vor einiger Zeit Briefpapier und Stempel verschwunden waren. Materialien für jene gefälschten Belege, die einen Uran-Ankauf des Iraks beweisen sollten.

Ein behaupteter Ankauf, der in den Angriff der USA auf den Irak mündete und so schloss sich der Kreis zwischen dem Oval Office und den Räumen einer afrikanischen Botschaft in Italien.

Wenn mich wer fragen würde, welche der beiden Serien 'Presidency' oder 'Embassy' war nun die spannendere, dann war es wohl jene über die nigerianische Botschaft in Rom.

Denn das Oval Office kennt man ja aus zahlreichen Filmen und Reportagen. Aber die nigerianische Botschaft kennt fast niemand. So gesehen ein interessanter Schritt in unbekannte Welten.

Eine Welt ohne Menschen übrigens, denn die Räume sind ja leer. Was mich zu der Überlegung verleitet: Bei einem Raum mit Menschen stehen wohl diese im Mittelpunkt. Bei einem Raum ohne Menschen kann man sich schön auf den Raum selbst konzentrieren.

Solche Erfahrungen machen Lust auf mehr. Vielleicht schaffe ich es ja bald mal nach Berlin, wo bis Jänner in der Neuen Nationalgalerie weitere Werke von Thomas Demand zu sehen sind.

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