Wagners Welten in München

Verschlagwortet mit , , ,

Ausstellung "Wagners Welten" in München

Richard Wagner kennt nicht jeder und viele sind auch stolz darauf. Ich gebe zu, ich habe schon ein paar Wagner Opern live gesehen. Was er über den Komponisten selbst zu erfahren gibt, wollte ich nun in der Ausstellung „Wagners Welten“ erfahren.

Ausstellung (17.10.2003 – 25.01.2004)

Vorausschicken möchte ich, dass diese Ausstellung viel überraschendes für mich bereit hielt, was vielleicht potentielle Besucher nach dem Lesen von diesem Bericht nicht mehr so empfinden können werden.

Gleich im ersten Raum fand ich mich in eine Traumwelt zurückversetzt, so viel „anders“ war das Gezeigte. Da wäre zum Beispiel die übermannssgroße Statue eines Siegfrieds und zahlreiche fremdartig wirkende Bühnenbilder aus Opern von Wagner zu erwähnen.

Zur Auflockerung sah ich mir ein Video an, wo Melodien von Wagner in berühmten Kinofilmen aufgezeigt wurden. So sah ich Charlie Chaplin in seiner Parodie auf Adolf Hitler zur Musik von Richard Wagner mit der Welt spielen oder hörte den „Walkürenritt“ beim Angriff einer amerikanischen Hubschraubereinheit auf ein vietnamesisches Dorf („Apocalypse Now“).

Zwei Vorhänge begleiten mich auf meinem Weg

Als nächstes musste ich mich durch zwei Vorhänge kämpfen, die mich in einem schwach erhellten Raum führten. Hier erschallten zart Melodien von Wagner und auf einer Wand tanzten verschiedene Zitate. Das hatte schon seine Wirkung auf mich, vor allem weil ich nicht genau wusste, was mich hinter den zwei Vorhängen erwartete.

Der nächste Raum war schon wieder hell wie der Tag und hatte etwas, was mich als Reisender schon immer faszinierte: eine große Landkarte. Auf dieser wurde gezeigt, wo Wagner überall gelebt und gewirkt hatte. Er war sehr viel unterwegs, wobei ein Teil seiner Reisen auch pure Flucht vor der Staatsgewalt waren.

Der etwas verwinkelt angeordnete Raum erzählte mir über die Schwierigkeiten, die Wagner mit so manch anderen zeitgenössischen Komponisten hatte. So verehrte er zunächst Meyerbeer, betrachtete ihn später aber als furchtbar.

Auch die nächsten Räume waren durch doppelte Vorhänge von dem Hauptgang getrennt, so dass ich mich jeweils in abgeschottete Welten begab.

Der Fliegende Holländer und andere bekannte Werke

Die nächste Welt war dem „Fliegenden Holländer“ gewidmet. In diesem Raum mit seiner Musik, seiner Dunkelheit und den sehr geheimnisvoll wirkenden Zeichnungen von Bühnenbildern reifte ihn mir erstmals der Gedanke, ob Wagner mit seiner Musik versucht hatte den Wahnsinn einzufangen, ganz wie es Salvador Dali mit seinen Bildern machte.

So wie mit dem „Fliegenden Holländer“ ging die Ausstellungsleitung auch mit den anderen bekannten Opern von Wagner um. Jedes Mal betrat ich einen abgeschotteten dunklen Bereich mit Musik und nur schwach beleuchteten Bildern. Dabei konnte ich diesen dunklen Bereichen durch Fenster auch in die hell erleuchteten Räume gucken. Museumsvoyeurismus pur: Man guckt, wie andere Leute gucken.

Der Doppelselbstmord aus Liebe

Leider war ich am Vormittag und nicht am Nachmittag da. Den um 16:30 wird jeden Tag eine nicht jugendfreie Filmaufzeichnung eines rituellen Harakiri Doppelselbstmordes aus Liebe gezeigt. Natürlich kein echter Selbstmord, sondern eine Aufführung aus einem japanischen Theater. Wer sich also so etwas ansehen möchte, sollte erst am Nachmittag in die Ausstellung gehen.

Dieser Film war als Ergänzung zur Wagner Oper „Tristan und Isolde“ gedacht, die ja ebenfalls recht dramatisch mit der Liebe umging.

Wagner: ein steckbrieflich gesuchter Komponist

Aber Wagner war auch politisch tätig. So beteiligte er sich an den Unruhen 1848/1849 und wurde deshalb steckbrieflich gesucht. Einen Steckbrief mit seinen Daten konnte ich persönlich in Augenschein nehmen, wobei mir besonders das Vokabular dieser Zeit amüsierte. So schrieb man damals statt Personenbeschreibung das zugegebenermaßen interessanter wirkende Wort „Signalement“.

Richard Wagner und die Frauen

Im letzten Raum des Stockwerkes widmete sich die Ausstellung den Frauen von Wagner. Man vermutet, dass Frauen die Musen seiner Werke waren. Darunter auch recht hübsche, obwohl ich bei seiner Musik manchmal das Gefühl hatte, seine Musen müssten alle ausgesehen haben wie bayrische Sennerinnen oder Hamburger Matronen.

In dem Teil über seine Frauen zeigte man auch einige Kleidungsstücke von Wagner und seiner Frau. So sah ich erstmals das Barett in Original, mit dem man ihn auf den meisten Abbildungen antreffen kann. Oder jene schmalen hochgeschlossenen Schuhe seiner Frau, die ich bisher nur aus den Zeichnungen von Wilhelm Busch kannte.

In der Ausstellung wird auch über die Todesursache von Wagner spekuliert. So glaubt man, dass er einen Herzinfarkt erlitt, kurz nach einer Eifersuchtsszene mit seiner Frau. Angeblich schien Wagner ein zu großes Interesse an einem der Blumenmädchen aus einer seiner Opern gehabt zu haben.

Richard Wagner und die Politik

Aber nun ging es mit mir runter in den ersten Stock, wo es gänzlich unromantisch wurde. Hier wurde das Verhältnis Wagners zum Antisemitismus und zum Nationalsozialismus thematisiert.

Die Ausstellung erklärte mir recht plausibel, dass Wagner kein Deutschtümler im Sinne des Nationalsozialismus war, vielmehr träumte er von einer deutschen Kunst ganz ohne Politik.

Aber die Sache mit dem Antisemitismus verstärkte sich durch diese Ausstellung. So las ich einige Passagen aus Texten, wo er sich recht abfällig über diese Volksgruppe ausdrückte.

Im selben Raum sah ich auch jeden Menge Fotos von Theaterspielerinnen und Theaterspieler, die in Wagner Opern Furore gemacht hatten. Allerdings waren das Bilder aus dem 19. Jahrhundert und ich war baff, wie gar schrecklich man damals in diesen Rüstungen aussah.

Götterdämmerung in der Loge

Im nächsten Raum ließ sich die Ausstellungsleitung etwas tolles einfallen. Schon von weitem hatte ich den Eindruck, ich würde nun auf eine Loge zugehen und tatsächlich hatte man den Raum so gestaltet, dass man wie von einer Loge auf eine Computeranimation eines Theaters gucken konnte. Dazu spielte man Musik aus der „Götterdämmerung“. Eine sehr eindrucksvolle Sache.

In den nächsten Räumen wurde vor allem das Verhältnis Wagners zum bayrischen König Ludwig II thematisiert, der ja ein großer Verehrer von Wagner war und einen Teil seiner Schlösser mit Bühnenbilder aus Wagners Opern ausstatten ließ. Ich selbst hatte ja schon in seinen Schlössern die eine oder andere künstliche Grotte aus „Tannhäuser“ oder den Saal aus „Meistersinger von Nürnberg“ bewundert.

Bayreuth und der Ring der Nibelungen

In den letzten beiden Räumen ging man noch auf Bayreuth und dem „Ring des Nibelungen“ ein. Bayreuth war und ist ja das Zentrum der Festspiele rund um Wagner, obwohl auch München sich sehr gerne als Stadt Wagners bezeichnet.

Der „Ring des Nibelungen“ ist vielleicht nicht das bekannteste Stück von Wagner, sicherlich aber das längste. Es wird gewöhnlich auf vier Abende verteilt gespielt.

Anhand von zahlreichen Bühnenbildern wurde die Handlung dieser Oper relativ gut erklärt und in einem kleinen Kinosaal gab es auch Ausschnitte aus Bayreuth zu erleben.

Aber alles hat ein Ende. Die längsten Wagner Opern, dieser Bericht und natürlich auch das Leben Wagners. Kurz vor dem Ausgang konnte ich noch einen Blick auf die Totenmaske Wagners werfen und auf eine so genannte „Fremdenliste“. Das war eine Liste, wo aufgezählt wurde, wer zum Zeitpunkt von Wagners Begräbnis in welchem Hotel Bayreuths gewohnt hatte. Las sich wie ein Who is Who der Musikszene von damals, es war sogar jemand von meiner Heimatstadt dabei.

Fazit

In der Ausstellung „Wagners Welten“ erfuhr ich einiges über den Menschen Richard Wagner, was mir so noch nicht bekannt war. Besucher, die sich nicht für den Komponisten Wagner interessieren, wird die Ausstellung nichts bringen. Es sei denn, sie können sich an der doch sehr speziellen Gestaltung der Ausstellungsräume erfreuen.

Quellen / Weiterführende Links

  • Link Offizielle Webseite des Münchner Stadtmuseums
  • Link Biografie von Richard Wagner auf Wikipedia