Wer weiß, wo die längste Burg Europas steht? Der weiß dann auch, wo Burghausen liegt. Den diese Stadt "unter der Erde" wird tatsächlich von einer besonders langen Burg beherrscht und beschützt.
Anlässlich einer Einladung zu einer Ausstellungseröffnung im Rathaus von Burghausen beschloss ich diese interessante Stadt in Oberbayern einmal für ein Wochenende zu besuchen.
Geschichte
Für die Historiker unter uns: Die Wurzeln der Stadt reichen bis in das 7. Jahrhundert zurück, wo sie bereits über eine Wasserzollstation verfügte. In den nächsten Jahrhunderten gedieh die Stadt nicht zuletzt durch den Salzhandel, aus dem sie reiche Erlöse zog.
Für eine gewisse Zeit wurde sie auch zweite Residenz der Herzöge von Niederbayern, und wurde vor allem in dieser Zeit sehr schön ausgebaut. Auf diese Zeit scheinen auch die zahlreichen Häuser im sehr schönen Baustil zurück zu gehen.
Später verlor die Stadt ihre Bedeutung wieder, und lebte erst wieder 1915 mit der Gründung der Wacker Werke auf. Aber ich möchte nicht über die Geschichte der letzten 2.000 Jahre schreiben, sondern über meine Erfahrungen der letzten drei Tage.
Lage
Eigentlich könnte man glauben, dass es für mich als Österreicher nur einen Katzensprung bis zur Stadtgrenze gewesen wäre, den die Stadt liegt direkt an der Staatsgrenze zu Österreich auf halber Strecke zwischen Salzburg und Passau wenn man mit dem Finger auf der Landkarte der Salzach entlang fährt.
Lage
Mit dem Finger fahren wäre ja schön gewesen, ich fuhr aber mit der Bahn. Hier bekam ich einen Nachteil der Stadt Burghausen mit: Sie ist mit der Bahn nur erschwert erreichbar. Zwar hat die Stadt einen Bahnhof, aber vom Grenzbahnhof Salzburg benötigte ich wegen widrigen Anschlussbedingungen via Mühldorf drei Stunden bis nach Burghausen (Rückfahrt immerhin noch zwei Stunden). Mit dem Auto wären es vielleicht eine Stunde über die Bundesstraße 20 gewesen.
Bahnhof
Der Bahnhof war ziemlich modern aber leider so ziemlich ohne allem Komfort. So gab es keine Schließfächer, der Fahrkartenschalter war nur zu bestimmten Zeiten offen.
Bus
Vor dem Bahnhof befand sich dann aber gleich der ZOB, wie man in Deutschland gerne den zentralen Busbahnhof nennt. Leider fahren in Burghausen die Busse nur im 30 Minuten Takt, am Samstag Mittag nur noch im 60 Minuten Takt. Wer also mit dem Bus fahren möchte sollte sich lieber einen Fahrplan besorgen und alles genau planen.
Hotels
Mein Hotel befand sich glücklicherweise nur 10 Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Direkt am Bahnhof befanden sich keine Hotels, aber nur wenige Gehminuten entfernt gab es einige schöne ****Hotels, die zum Beispiel am WE auch interessante Raten anboten (ca. 55 Euro das Einzelzimmer).
Allerdings muss man dabei auf eines achten! Die eigentliche Stadt mit den ganzen Sehenswürdigkeiten, Geschäften, Kneipen und der Burg befindet sich vom Bahnhof noch gut weitere 30 Gehminuten entfernt!
Wer also ohne Auto unterwegs ist, wäre gut beraten sich ein Hotel in der Stadtmitte zu nehmen und vom Bahnhof mit dem Taxi in die Stadt zu fahren.
Ein Hotel mit sehr gutem Burgblick gibt es übrigens in der Nachbargemeinde Ach auf der österreichischen Seite der Salzach. Es trägt übrigens auch gleich den passenden Namen "Burgblick".
Stadtspaziergang
Ich hatte nun aber mein Hotel in Bahnhofsnähe und so begann mein Stadtspaziergang vorerst mal mit einem längeren Spaziergang in die Stadt. Dieser war aber nicht so unangenehm, er führte entlang der breiten Marktlerstrasse an einigen Lokalen vorbei, wo ich mich unterwegs wegen der großen Hitze mit einem Bier laben konnte.
Der zweite Teil des Weges führte dann übrigens bereits entlang der großen Burg von Burghausen tief runter in die Stadt.
Napoleon
Die Stadt liegt nämlich fast schon in einer Schlucht, die sich durch den Lauf der Salzach gebildet hatte. Als Napoleon die Stadt 1809 im Rahmen seiner Feldzüge heimsuchte soll er gesagt haben "Voila, la ville souterine!" auf gut Deutsch "Die Stadt unter der Erde". Wenn es nicht stimmen sollte, ist es zumindest gut erfunden.
Altstadt
Mein erster Weg führte also direkt in die Altstadt, da ich ja im dortigen Rathaus an einer Ausstellungseröffnung teilnehmen wollte. Die Altstadt war eigentlich ein einziger großer lang gestreckter Platz, an dem sich alle wichtigen Häuser und Hotels entlang drängten.
Die historische Bedeutung der Häuser war übrigens sehr leicht raus zu finden, weil auf nahezu jedem älteren Haus befanden sich Schilder vom Heimatverein, die mich über die Bedeutung des Hauses aufklärten.
Einen Reiseführer musste ich deshalb nicht mitschleppen, was mir angesichts der sommerliche Hitze nur recht war.
Gastronomie
Am selben Abend setzte ich mich noch mit anderen Ausstellungsteilnehmern in das Andechser unweit des Rathauses und genoss eine Wallfahrer Jause. Wer soviel zu Fuß geht, hat das auch verdient, oder?
Wer gerne im MC Donalds ißt, hat in der Burghausner Altstadt leider Pech gehabt, dieser Schnellimbiss mit dem typischen M befindet sich für Touristen ziemlich abgelegen in der Burgkirchner Straße in der Neustadt.
Aber ich wollte es ja ohnehin lieber urig und fand einige weitere Gasthäuser mit Sitzbänken im Freien entlang des Marktplatzes von Burghausen, wo es auch einige Kneipen für die Jugend gab....
Grüben
.... noch mehr Kneipen und Cafés fand ich dann aber am nächsten Tag in den so genannten Grüben. Das ist ein noch engerer Bereich zwischen der Salzach und dem Burgfelsen, der sich im Anschluss an dem Marktplatz befand.
Hier entdeckte ich neben den bereits erwähnten Kneipen auch jede Menge Schmuckläden, Kunstgewerbeläden und auch so manch anderen Laden der vieles anbot, nur nichts gewöhnliches. Zum Beispiel entdeckte ich einen Laden mit Trauringberatung oder ein kleinen Lebensmittelladen, der unter den Öffnungszeiten noch eine Telefonnummer für "Notfälle" angab.
Sport
In einem Laden entdeckte ich eine Fotoausstellung über den FC Wacker Burghausen, dem örtlichen Fußballverein. Hierzu gäbe es folgende zu erwähnen. Egal mit wem man in Burghausen spricht, sehr schnell kommt man auf den Fußballverein zu sprechen. Den dieser spielt jetzt in der zweiten Bundesliga und darauf ist man eben stolz in der Stadt.
Industrie
Im Namen des Fußballvereins stand es schon geschrieben: Die Stadt wird auch von der Industrie stark beeinflusst. So steht am Stadtrand ein großes Chemiewerk, das vielen Burghausnern aber auch Österreichern Arbeitsplätze bietet: Die Wacker Werke. Und gleich daneben steht die Raffinerie der OMV (Österreichische Mineralölverwaltung).
Wer sich für Schwerindustrie interessiert, kann sich diese Werke auch aus der Nähe ansehen, es führen Straßen direkt daran vorbei.
Kunst/Jazz
Wie mir eine Burghausnerin verriet, wird sehr viel für die Kunst und für die Freizeitgestaltung in der Stadt getan um vor allem die spezialisierten Arbeitskräfte für die beiden großen Werke in die Stadt zu locken und auch zu halten.
Eine bestimmte Veranstaltungsserie kennen sicher die meisten unter uns, das sind die Jazzveranstaltungen in Burghausen. Das sind nicht so einfache Wald- und Wiesenfestspiele, nein, hier werden wahre Jazzgrößen eingeladen und diese kommen auch! So berühmt ist Burghausen auf diesem Gebiet bereits geworden.
Während meines Spazierganges entlang der Grüben konnte ich im Straßenpflaster eingesetzte Sterne betrachten, wo die Daten der berühmtesten Jazz Musiker eingraviert waren, die Burghausen schon besucht hatten.
Gartenschau
Im Jahre 2004 wird dann Burghausen auch noch mit einem anderen Thema bekannt werden. Es wird eine Gartenschau veranstaltet, deren Vorbereitungen ich bereits beobachten konnte. So waren Teile der Burg (leider) bereits gesperrt, weil man dort Beete für die Gartenschau anlegte.
Burg
Aber nun zur Burg, die im 13. Jh. begonnen wurde und vom Herzog Georg dem Reichen (!) und seiner polnischen Gemahlin Hedwig im 15. Jh. großzügig umgebaut wurde. Die Burg ist mit einer Länge von 1.043 Metern wirklich sehr imposant.
Welche Bedeutung jedes einzelne Tor und jede Mauer hatte, konnte ich in einer Burgführung (3,50 Euro) erfahren. Diese Führung durch die Außenanlagen sollte man wirklich machen, den innerhalb der Gebäude erfährt man dann recht wenig über die Burg selbst.
Burgmuseum
So besteht das Burgmuseum (Eintritt 2,50 Euro) nahezu nur aus unmöblierten Räumen mit zahlreichen Bildern aus dem Mittelalter. Attraktiv war allerdings der im Preis inbegriffen Blick vom Dach der Burg auf die Salzach.
Stadtmuseum
In der Burg integriert ist auch das Stadtmuseum (Eintritt: 1,30 Euro), das mir sehr viel über die Entwicklung der Stadt erzählte und mir auch einen guten Einblick in die Gewerbeordnung des Mittelalters gab.
Fotomuseum
Ganz am Anfang der Burg befand sich übrigens ein Fotomuseum (Eintritt: 1,30 Euro), in dem ich sehr interessante Fotos entdeckte, quasi als Anregung zu meinen eigenen Werken. Interessant war auch die Kamerasammlung, unter anderem war dort auch eine auf einer Mondfahrt verwendete Kamera ausgestellt!
Aussichtspunkte zur Burg
Die Burg zu fotografieren ist übrigens gar nicht so leicht, da sie ja überlang ist. Der bekannteste Aussichtspunkt liegt in Österreich in der Ortschaft Ach, wo ich die Burg in ihrer ganzen Breitseite fotografieren konnte (allerdings musste ich vier Fotos machen, da ich kein Weitwinkelobjektiv hatte).
Später entdeckte ich für mich selbst einen besseren Fotopunkt, die Napoleonshöhe. Dort befand sich ein Kriegerdenkmal, von dem ich die Burg sehr gut auf den Film bekam, da ich sie hier von der schmalen Seite her fotografieren konnte.
Wöhrseebad/Plättenfahrten
Auf dem Rückweg von der Napoleonhöhe in Richtung Bahnhof kam ich dann noch am Wöhrseebad (Eintritt 1,80 Euro) vorbei. Burghausen hat natürlich noch andere Bäder, aber das Wöhrseebad ist schon etwas Besonderes. Es liegt nämlich direkt unter der Burg und so kann jeder auf dem Rücken schwimmend mal zu den Burgmauern hochgucken.
Leider musste ich ausgerechnet am Sonntag Mittag wieder nach Hause fahren. So versäumte ich die Gelegenheit mit einer Plätte zu fahren, die von Juni bis September jeden Sonntag um 14:00 von Tittmoning aus auf der Salzach fährt. Unter einer Plätte verstand man früher jene flachen Boote, mit denen das Salz aus den salzburgischen Gebieten bis nach Burghausen gebracht wurde. Aber was soll's, bei einer Hitze von 35°C war ich auch so geplättet genug...
Resümee
Das ist alles, was ich in drei Tagen so in Burghausen erlebte. Diese drei Tage werde ich aber nicht so schnell vergessen, den diese Ort "unter der Erde" und seine überdimensionale Burg haben einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Und bei der Gartenschau 2004 gedenke ich ihn nochmals zu vertiefen....
Weitere Reisenotizen und Links
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Bildnachweis
Travelwriticus
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