Im Jänner 2008 besuchte ich das Café Prückel, welches sich direkt an der Wiener Ringstrasse befand und noch aus der Zeit des Ringstrassenbaus mit seinen mächtigen Palästen stammte.

Nachdem ich mir in der Münze Österreich ein paar Unterlagen zu einer interessanten Ausstellung über Kaiser Maximilian geholt hatte, wollte ich mein Mittagessen in einem alten Wiener Kaffeehaus einnehmen.

Dazu bot sich das Café Prückel an, dass sich direkt an der Ringstrasse unweit des Stadtparks befand. Es war noch eines aus jener Zeit, als die Ringstrasse errichtet wurde und entsprechend war der innere und äußere Prunk.

Als ich das Café betrat, war dieses schon gut besucht, lag es doch am Schnittpunkt wichtiger Gebäude wie das MAK (Museum für angewandte Kunst), der Universität für angewandte Kunst und einem Viertel voller Galerien.

Entsprechend jung war auch das Publikum. Was mir sofort auffiel: Viele von Ihnen hatten Ihre Notebooks aufgeklappt und tippten vor sich hin. Hier würde ich also gar nicht weiter auffallen.

Allerdings waren die meisten Plätze mit Raucher belegt, für Nichtraucher gab es nur einen kleinen Raum im hinteren Bereich. Das fand ich schade, denn so konnte ich nicht an den wunderbar hohen Fenstern mit Blick auf den Ring sitzen.

Während ich mich also in meinen Korbsessel niederließ, tröste ich mich mit dem Gedanken, dass die Sicht ohnehin durch die mannshohen Vorhänge getrübt worden wäre, die wohl zum Schutz vor allzu neugierigen Passanten angebracht worden waren.

Ich senkte stattdessen meinen Blick in die Speisekarte und stellte erfreut fest, dass es hier ein abwechslungsreiches Angebot an Speisen gab, weitab von den üblichen Wiener Schnitzeln oder Fritattensuppen.

Ich wählte ein 'Mageres Meisel' mit Bouillongemüse, Apfeloberskren und gerösteten Erdäpfeln. Dazu bestellte ich ein Budweiser aus Böhmen und vertrieb mir die Zeit bis zu dessen Eintreffen, indem ich den Schlager summte 'Als Böhmen noch bei Öst'reich war, vor 100 Jahr'...

Dabei musterte ich ein wenig die Einrichtung des Cafés. Ein Plakat mit dem legendären Cafetier Leopold Hawelka fiel mir ins Auge. Eine relativ lange Kuchentheke versprach mit täglich frisch gemachte Strudel und Mehlspeisen.

Und ein riesiger Gummibaum freute sich offensichtlich, die hohe Stuckdecken eines Wiener Kaffeehauses als seine Heimat gefunden zu haben.

Aber dann wurde ich in meinen Beobachtungen unterbrochen. Der Duft des mageren Meisel, ein besonders mageres Stück Rindfleisch, stieg in meine Nase. Es wurde in einer Suppe mit leckerem Gemüse serviert, was dem Fleisch seinem saftigen Geschmack erhielt.

Während ich mich also an dem Meisel labte, beobachte ich ein wenig die anderen Gäste. Die eher Stammkunden zu sein schienen und weniger den Eindruck von Laufkundschaft oder Touristen machten.

Ein älteres Ehepaar blättere genüsslich die Tageszeitungen durch und las sich gegenseitig die besten Stellen vor. Gleich daneben diskutierten zwei fein gekleidete Damen die Garderoben des gestrigen Opernballes und ereiferten sich über das schulterfreie Kleid von Dita von Teese.

In einer anderen Ecke wurde politisiert, was in den für mich denkwürdigen Satz endete: 'Alle Parteien bestehen nur noch aus Idioten, nur nicht die (zensiert), die sind zu deppert. Die haben nicht mal mehr Idioten'. Hört, hört...

Während ich meine Rindsuppe zu Ende löffelte setzte sich ein weiteres Paar nieder, das unverkennbar ihr erstes Date hatten. Die Dame deutlich aufgeregt, versuchte so viele Fragen wie möglich zu stellen, der Herr war sichtlich bemüht, die zweite Frage nicht vor der ersten zu beantworten.

Ich wusste gleich, hier kannst du bleiben. Das ist besser als Radio. Ich bestellte mir noch einen 'Prückel Creme', einen kleine Espresso mit Obers. Dieser wurde von dem flotten Kellner im klassischen Schwarz und einer Fliege am Kragen rasch serviert.

Ich begann im Zeitungsangebot des Cafés zu wühlen. Es gab hier einen Lesezirkel, aber auch nationale und internationale Tageszeitungen. Nebenbei entdeckte ich auch eine Schachtel mit Schachfiguren. Hier kann man also wirklich Stunden verbringen.

Nach dem Espresso machte ich gleich eine weitere interessante Entdeckung, als ich den Weg zu den Toiletten im Untergeschoss suchte. Diese waren über eine geschwungene Doppelwendeltreppe erreichbar, deren oberster Absatz kurioserweise mitten im Küchenbereich des Cafés begann.

So schritt ich also zwischen Gläsergeklirr und Schnitzelgeklopfe nach unten, um dann einige Minuten später wieder zwischen all dem hin und her hastenden weiß bekleideten Küchenpersonal aufzutauchen.

Neben den Toiletten entdeckte ich noch einen Eingang zu einen kleinen Theaterraum, was mir jetzt die doch etwas aufwendige Treppe nach unten etwas plausibler erscheinen ließ. Jedenfalls war das für mich das Ereignis des Tages.

Das First-Date Pärchen war inzwischen verschwunden, am Nebentisch wurde nicht mehr politisiert und auch für mich war die Zeit des Gehens gekommen. Auf eine baldige Wiederkehr darf das Café durchaus hoffen, hatte ich doch von der Mehlspeisküche noch gar nichts probiert...

Zurück nach oben

Weitere Reisenotizen und Links
Webseite des Kaffeehauses

© Impressum

 

Mehr Reisenotizen über
Wien