Im Juni 2008 besuchte ich eine  Kunstausstellung im Unteren Belvedere in Wien und lernte ein wenig die Wiener Schule des Phantastischen Realismus zu verstehen.

Angeregt zu dem Ausstellungsbesuch hatte mich ein Plakat mit einem Werk von Rudolf Hausner, dem auch ein großer Teil der Ausstellung gewidmet war.

Aber der Reihe nach. Die ersten Räume der Ausstellung dienten zur Einführung in das Thema. So erfuhr ich, dass es schon im 16. Jh. mit dem Manierismus eine Kunstrichtung gab, die sich dem Phantastischen widmete.

Das hatte ich mir zwar immer schon gedacht, doch fehlten mir bisher die Worte. Wenn die Werke Dalis surrealistisch waren, weil er etwas malte, was es gar nicht gab, wie sollte man dann die Blumengesichter von Arcimboldo oder die Paradiesbilder von Hieronymus Bosch nennen?

Und genau hier hakte auch der erste Raum ein. Werke aus dem 16. Jahrhundert wurden mit Werken aus dem 20. Jahrhundert gegenüber gestellt.

Mit teilweisen verblüffenden Ähnlichkeiten in der Darstellung oder zumindest bei der Motivwahl. Kurios für mich die 'Geometrischen Körper in einer Ruinenlandschaft' von Lorenz Stör (1560-1600)

Dieses Werk hätte man auch gut in einer Ausstellung über moderne Kunst unterbringen können und keiner hätte sein wahres Alter erraten. Also, Leute wie ich hätten es nicht erraten...

Die weiteren Schilderungen in der Ausstellung befassten sich mit dem Wiener Art Club, wo sich ein Teil der ausgestellten Meister nach dem zweiten Weltkrieg versammelt hatten.

Meister, die sich scheinbar gut kannten und gegenseitig beeinflussten. Jedenfalls zeigte mir mein Audio Guide ständig Querverbindungen auf, was sich recht interessant anhörte.

Auch fand ich bei dem Gerät gut, dass nach fast jedem besprochenen Bild auch die Biographie des Künstlers aufrufbar war.

Davon machte ich fast immer Gebrauch und nach etlichen Wiederholungen der Biographien bekam ich ein gutes Gefühl für die besprochenen Künstler.

Da sich in jedem Raum weitere Werke von bereits vorgestellten Künstlern befanden fiel es mir mit der Zeit auch leicht, den jeweiligen Autor des nächsten Werkes zu erraten.

Da waren zum Beispiel die Landschaften von Anton Lehmden, in denen immer Vögel zu fliegen schienen. Später erfuhr ich in einem Film, das Anton Lehmden oft vom Fliegen träumte.

Oder die bunten Werke von Wolfgang Hutter, wo exotische Pflanzen und merkwürdige Figuren immer so präzise ausgeführt wirkten. Und das alles in sehr eindringlich wirkenden Farben.

Bei manchen Werken von Ernst Fuchs fühlte ich mich Giger erinnert. Vielleicht ein weit hergeholter Vergleich, doch so manche Figuren bei Fuchs wirkten wie Aliens auf mich.

Auch die Werke von Rudolf Hausner waren relativ leicht erkennbar, kam er doch in den meisten als Selbstbildnis vor. Auch wiederholten sich beim ihm oft geometrische Formen.

Erriet ich den Künstler eines Werkes mal nicht, halfen mir die informativen Bildbeschreibungen weiter. Bei diesen empfand ich es besonders interessant, dass die derzeitigen Wohnorte der Meister angeführt waren.

So fiel mir dadurch auf, dass viele der ausgestellten Künstler fern ihrer Heimat gestorben waren oder heute nicht mehr in ihren Geburtsländern lebten.

Scheinbar eine Folge von politischen Verhältnissen in Europa, auf die auch in eigenen Räumen eingegangen wurde. Eindrucksvoll in diesem Zusammenhang jene Bilder, die Krieg und Verfolgung umsetzten.

Eine exakte Abbildung meiner Gefühle gegenüber Krieg fand ich zum Beispiel in einem Werk von Anton Lehmden vor, das sich 'Kämpfende in einer Landschaft' nannte.

Hier kämpften mehrere Männer am Rande eines Abgrundes. Und so ist auch der Krieg. Jeder kämpft gegen jeden, doch man fällt gemeinsam in den Abgrund.

Zum Abschluss sah ich mir einen Film an, in dem die Künstler Arik Brauer, Ernst Fuchs, Anton Lehmden und Wolfgang Hutter über ihre Werke erzählten.

Es war sehr erfrischend für mich mal die Künstler über ihre Werke sprechen zu hören. Gewöhnlich höre ich ja nur das, was die Kunsthistoriker in den Werken sehen (oder zu sehen glauben).

Und so beendete ich recht zufrieden meinen Gang durch die Ausstellung. Draußen erwartete mich bei heißen sommerlichen Temperaturen ein kühler Regen und ich dachte mir spontan, wie hätten die Künstler dieses merkwürdige Gefühl von kühlen Wassertropfen auf heißer Haut wohl umgesetzt....?

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